Roadtrip ans Ende der Welt

Samstag, 30. April 2016

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Nach erholsamen Strandtagen in Varkala machen wir uns auf eine abenteuerliche Tour. Mit einem Scooter fahren wir bis ans Ende des Indischen Subkontinents: Kanyakumari. Der fast 400 km lange Roadtrip konfrontiert uns nicht nur mit dem chaotischen indischen Verkehr, sonder bringt uns tief ins ländliche Südindien und beschert uns spektakuläre Sonnenuntergänge.




Varkala
Was lässt sich über Varkala Beach mit seiner touristischen Klippenpromenade groß berichten? Wir genießen das Meer und seine Wellen, den italienischen Kaffee, fangfrischen Fisch und neuen Lesestoff. Wir relaxen, soweit das bei 40° C und hoher Luftfeuchtigkeit möglich erscheint.
Gegen Abend flanieren am Strand, der bei Hindus für rituelle Meerbestattung bekannt ist, große indische Familien. Klein und Groß tummeln sich dann in der Brandung (die wenigsten Inder sind Schwimmer) und die teilweise voll bekleideten Erwachsenen jauchzen wie kleine Kinder. Dieses Schauspiel beobachten wir genauso intensiv, wie wir selbst sonst von indischer Seite beobachtet werden.
Bezeichnenderweise haben wir in neun Tagen Varkala, kein einziges Foto geschossen!

Roadtrip
Mit Unterstützung von Naveen, dem Hostelbesitzer in Varkala, planen wir einen dreitägigen Roadtrip mit einem geliehenen Motorroller (800 INR Leihgebühr). Kurz nach Sonnenaufgang, wirkt der Asphalt der National Road 47 noch blaugrau. Eine angenehme Briese treibt uns bis nach Thiruvananthapuram, der Keralanischen Hauptstadt.

Wir lernen: Wenn möglich, links fahren. - Hupe, wenn du überholst. - Hupe, falls du selbst überholt wirst. - Hupe, wenn dir ein überholendes Fahrzeug entgegen kommt. - Hupe, falls dir ein Fahrzeug zu schnell oder zu langsam fährt. - Hupe, wenn du denkst, du hast die lauteste Hupe (gilt für alle großen Fahrzeuge mit ohrenbetäubenden Signalhörnern).
Wir lernen auch: Gib Handzeichen, wenn du abbiegen möchtest. - Der Schulterblick kann dein Leben retten. - Bremslichter leuchten nicht immer. - Ein überholendes Fahrzeug zu überholen ist anerkannt.
Aber am wichtigsten scheint die Lektion: Cool bleiben, die Gesichtsmuskeln lockern und der inhärenten Logik des indischen Chaos vertrauen.

Eine Bypass-road führt uns am innerstädtischen Verkehr der Hauptstadt vorbei und spuckt uns in ein Gewirr von kleinen Ein-Straßen-Dörfern, die zwischen Hügeln und dem arabischen Meer angesiedelt sind, aus. Hier ist der Verkehr wesentlich entspannter und wir genießen das dichte Grün der Tropenwälder.


Wir haben uns hoffnungslos verirrt und fragen uns zur NH 47 zurück. Trotz der morgendlichen Uhrzeit scheint die Sonnen schon unerbittlich und wir kreuzen auf der nunmehr staubigen Straße zwischen Bussen und unzähligen Motorrädern. Ein zweites Mal brechen wir von der busy road auf die Landstraßen aus. Wir überqueren die Ländergrenze nach Tamil Nadu und fahren mehrere Stunden durch einfache Dörfer. Die Straßen sind von kleinen und großen Schlaglöchern gesegnet und die Fahrt geht nur langsam voran.

Das ermöglicht es uns, das südindische Landleben genau zu beobachten: Wir begegnen vielen Fahrradfahrern. Vor den kleinen Shops versammeln sich die Menschen zum Quatschen. Vor jedem Haus sind Frauen geschäftig zugange. Selbst beim Ausruhen im Schatten wird Gemüse geschält und etwas vorbereitet. Die Jugend heizt auf plastikgeformten Zweirädern über den Staub. Winkende Hände vielerorts.





Kanyakumari
Erschöpft von ca. 6 Stunden Fahrt, wundem Hinterteil und verbrannt von der Mittagssonne kommen wir in Kanyakumari an. Die Pilgerstadt wird von den Einheimischen als "Ende der Welt" bezeichnet. Für die südlichste Spitze eines so riesigen Landes, an dem sich das arabische Meer mit dem Golf von Bengalen sowie dem indischen Ozean trifft, scheint das eingängig.

Die Stadt ist für Dreierlei bekannt: Heilige Pilgerinseln vor der Küste, die hohe Selbstmordrate (Ende der Welt!?) sowie die Sonnenauf und -untergänge. Wir fokussieren unseren Aufenthalt auf Letzteres und begeistern uns an der Begeisterung der Inder für das Schwinden des Sonnenlichts. Fotos von Fotografierenden.




Poovar
Besser als am gestrigen Tag auf das Wirrwarr der Dörfer vorbereitet, können wir die ca. 90 km Scooterfahrt in den frühen Morgenstunden genießen. Für den Einkauf eines langärmligen Dinnerhemdes (Sonnenbrandschutz) sowie eines traditionellen Lungis (spontane Idee), wird die Fahrt kurz unterbrochen.

Die Offseason beschert uns ein Resort mitten in den Backwaters um Poovar, dass wir ganz für uns alleine haben. Der Nachmittag endet im warmen Poolwasser im Rettungsring, der uns hilft die vielen Vögel in den Palmen über unseren Köpfen zu beobachten. Dunkle Wolken brauen sich zu einem Gewitter zusammen.

Back on the road
Am nächsten Tag bringt uns GoogleNavi zielsicher zum Ausgangspunkt unserer Zweiradreise zurück. Der morgendliche Hochverkehr macht uns nicht mehr verrückt. Die Überholmanöver kommen denen der Inder fast gleich. Eine beruhigende europäisch-rechtschaffende Vorsicht bleibt jedoch (zum Glück?) bestehen.
Wir entspannen einige Stunden in Varkale, packen unsere Sachen und sind back on the road...

Mit dem Nachtzug (Fahrt ohne AC) geht es in zwölf Stunden bis nach Madurai. Gute Nacht.

1 Kommentare:

Ipo hat gesagt…

HUUUUUUUUP!!! ;-P

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